Eigh. Brief mit Unterschrift, 2 Seiten auf Doppelblatt, in-8, Frankfurt/M., 2. 4. 1858. - An Elisabeth Lewald, Gattin des Justizrates Otto Lewald in Berlin. "Geehrte Freundin: Sie haben in Ihren Zeilen, für die ich Ihnen von Herzen danke, nach meinem Sohn gefragt. Ich schicke Ihnen hiermit denselben als Träger dieses Briefes. Er studirt seit einem Jahre in Freiberg, wird im Herbst wieder nach Amerika zurückkehren, und benutzt seine Ferien zu einem Besuche in Berlin. Es wird vielleicht Ihrer ganzen Freundlichkeit bedürfen um über seinen Mangel an Liebenswürdigkeit hinweg zu sehen. Das deutsche, das schweizerische u. das amerikanische Element liegen in seinem Wesen noch unvermittelt nebeneinander, und sein bisheriges Leben hat wenige sonnige Tage gehabt deren Wärme zur Verschmelzung hätte beitragen können. Ich weiß daß Sie ihn mit Güte empfangen werden. / Ich hoffe es wird uns vor unserer Rückkehr nach Amerika, die im Sommer statt finden soll, möglich werden einen Besuch in Berlin zu machen. Ich glaube ich werde Sie dann überzeugen können, daß wenn auch die Erfahrungen u. das Denken in zehn Jahren mir die Ziele des geistigen Strebens in anderer Gestalt gezeigt haben mögen, dieses Streben selbst in mir nicht erkaltet ist. In meinem Buche mag Sie manches Wort kalt anwehen. Ich habe die Schwachheit, dem Verdrusse über das was ich hinderlich erkenne, oft auch den zwecklosen Ausdruck nicht versagen zu können. Dies sind jedoch Äußerlichkeiten, und aus eigener Erfahrung hege ich die innigste Ueberzeugung, daß der echte Enthusiasmus für alles was unseres Strebens würdig ist, durch keine Beschäftigung mit der Wirklichkeit und ihren Härten leiden kann, wenn er auch eine andere Form annehmen mag. / Ich freue mich bei meinem Besuche Herrn Lewald kennen zu lernen. Sagen Sie ihm meinen Gruß. / Julius Froebel". - Schrift durchschlagend, etwas knittrig.
Der deutsche Geologe und Mineraloge Fröbel war im Vormärz ein führender Politiker der demokratischen Bewegungen und verlegte in der Schweiz unter dem Pseudonym C. Junius in Deutschland verbotene demokratische Literatur. 1848 wurde er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung und nahm als deren Delegierter gemeinsam mit Robert Blum am Wiener Oktoberaufstand teil. Hier zunächst zum Tode verurteilt, dann aber im Gegensatz zu Blum begnadigt, emgrierte er nach Amerika und arbeite dort als Anwalt. Seine dort gemachten Erfahrungen verarbeite er unter anderem in dem Buch "Aus Amerika. Erfahrungen, Reisen und Studien" (2 Bde. 1857-1858). Nachdem Fröbel 1857 in Deutschland unter die Generalamnestie gefallen war, engagierte er sich hier weiterhin politisch und trat in seinen späteren Lebensjahren als Diplomat in den Dienst des Deutschen Reichs. Er gilt heute als Vordenker der Diskurstheorie bzw. der deliberativen Demokratie.
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