Eigenhändiger Brief mit Unterschrift, 1 Seite, gr-8, Washington, D.C., 1. 1. 1947, mit eigh. Kuvert. - An eine ehemalige Kollegin vom amerikanischen Geheimdienst, die ihm in Bern Bücher besorgt hatte. "Dear Mrs. Parsons: I was awfully happy and surprised when I received the Guardini and Camus from Bern. It is really very nice of you to have remembered my wishes. But I have not yet received the bill. If you paid for the books, please let me know how much, and where I shall send the money. / What about coming back to Washington and taking again a job in BR? The outfit apparently expands and needs good people. If you don't want to return, drop a line telling us how you are. And many, many thanks for your efforts to get me the books. With best wishes, Yours very sincerely, Herbert Marcuse".
Zunächst zum engeren Schülerkreis Martin Heideggers gehörend, emigrierte Herbert Marcuse 1933 in die Schweiz und im darauffolgenden Jahr in die Vereinigten Staaten. Dort kam es allerdings nicht zu der ursprünglich geplanten festen Zusammenarbeit mit Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, den ebenfalls emigrierten Hauptvertretern der Frankfurter Schule. Marcuse nahm 1942 eine neue Stellung in Washington D.C. beim Office of Strategic Services (OSS), Amerikas erstem Geheimdienst, an. Dort war er mit Analysen der nationalsozialistischen Machtstrukturen, patriotischer Medienarbeit und Vorbereitungen für ein demokratisches Nachkriegsdeutschland beschäftigt. Anschließend arbeitete er für die 1946 gegründete Nachfolgeinstitution, das Bureau of Intelligence and Research, und danach bis 1951 für eine weitere Nachfolgeorganisation, das Committee on World Communism (CWC). Ab 1956 wurde Marcuse Professor für Philosophie und Politikwissenschaft an zwei amerikanischen Universitäten und nahm dazu auch eine außerordentliche Professur an der Freien Universität Berlin an. In den 1960er-Jahren beeinflusste er mit seinen Schriften und Vorträgen wesentlich die Studentenbewegung und wurde zu einer Galionsfigur der Neuen Linken. - Bei dem ihm zugesandten Buch des katholischen Religionsphilosophen Romano Guardini (1885-1968) könnte es sich um das 1946 erschienene Werk "Die Waage des Daseins. Rede zum Gedächtnis von Sophie Scholl und Hans Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell, Willi Graf und Kurt Huber" handeln. BR meint vermutlich das Bureau of Intelligence and Research (heutige Abkürzung: INR). Briefe Marcuses aus seiner Zeit beim amerikanischen Geheimdienst sind äußerst selten.
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