Wiener Autographenfächer
Faltfächer der Firma Gebr. Rodeck mit Holzbasis und Leinenbespannung, hergestellt in Wien um 1880, Dm. 27 cm. Auf dem Holzteil Metallapplike mit Monogramm, auf der 29-teiligen Bespannung drei kleine Deckfarbenmalereien und beiderseits insgesamt ca. 55 weitere Eintragungen bzw. Unterschriften, zumeist auf vorgezeichneten Feldern. Tinte wegen des etwas rauhen Untergrundes stellenweise etwas verfließend, gelegentlich Flecken; auf einem Feld Beitrag durch Übermalung getilgt. - Soweit die Autographen datiert sind, umfassen sie hauptsächlich den Zeitraum 1884/1897; einer von drei späteren Einträgen aus den Jahren 1921 und 1922 nennt eine Frau Kuranda als damalige Eigentümerin des Fächers. Mehrfach ist Wien als Eintragungsort angegeben, zweimal Berlin. Hinsichtlich der Persönlichkeiten liegt der Schwerpunkt im Bereich des Theaters, doch haben sich auch mehrere Schriftsteller, Maler und Musiker auf dem Fächer verewigt. Die meisten Eintragungen sind gut identifizierbar, einige wenige konnten bisher nicht zugeordnet werden. Die signierten Gouacheskizzen stammen von Gustav Gaul (1836-1888, Frauenporträt), Lazar Rosenberg (1862-1936, Kind an Staffelei) und Max Schödl (1834-1921, Stillleben mit orientalischer Kanne). Bei den Theaterleuten dominieren Mitglieder der Comédie Française - darunter "sociétaires" und "doyens" -, die im Mai 1892 im Rahmen der Theater- und Musikausstellung in der Rotunde ein vielbeachtetes achttägiges Gastspiel gab: Julia Bartet, Jules Boucher, Benoît Constant Coquelin, Pierre René Falconnier, Fréderic Febvre, Edmunt Got, Mary Kalb, Albert Lambert, Louis Leloir, Renée du Minil, Jean Mounet-Sully, Blanche Pierson, Mme. Prud'hon, Suzanne Reichenberg und Jules Truffier. Weiters sind aus dem französischen Theaterbereich vertreten die große Sarah Bernhardt ("mille choses aimables ...") sowie Anna Judic; aus dem österreichischen Theaterleben Ludwig Gabillon, Alexander Girardi ("Der schönen Frau küßt die Hände ..."), Ernst Hartmann, Fritz Krastel, Joseph Lewinsky, Hansi Niese ("Mir ist ganz bang in dieser bedeutenden Umgebung! Aber meine liebste Frau Kuranda will es!!!"), Emerich Robert, Adolf von Sonnenthal, Kathi Schratt, Adolf Wilbrandt, Else Wohlgemuth und Charlotte Wolter (nebst ihrem Ehemann, dem belgischen Diplomaten Charles O'Sullivan). Die Literaten haben durchwegs einen Spruch beigesteuert: Eduard Bauernfeld ("Sagst du zum schönen Augenblick: 'Verweile!' / Du mahnst vergebens! Er hat Eile"), Salvatore Farina ("Ho visto il brutto e mi sono innamorato del bello"), Julius Rodenberg ("O könnte man in's Herz der Frauen / Wie hinter einen Fächer schauen!") und Julius Stettenheim ("Wenn Deine Hand mit dem Fächer spielt, / Wenn dieses Fächers Spiel Dich kühlt, / Fachst du im Jüngling und im Mann / Flammende Bewund'rung an"). An Komponisten und ausübenden Musikern und Musikerinnen finden sich auf dem Fächer Alice Barbi, Alfred Grünfeld (mit Notenzeile), Pietro Mascagni (mit Notenzitat aus "Cavalleria Rusticana"), Jules Massenet (mit Notenzitat aus "Manon"), Theodor Reichmann, Arnold Rosé, Anton Rubinstein, Benno Schönberger (mit Notenzeile), Felix Weingartner und seine Ehefrau Lucille (mit Notenzeile). Bei einem weiteren musikalischen Zitat konnte der Schreiber leider nicht ermittelt werden.
Reichhaltiger Autographenfächer mit Eintragungen einiger bedeutender Persönlichkeiten und ansprechender bildlicher Ausschmückung, angelegt in der Wiener Belle Epoque und nach dem 1. Weltkrieg nochmals aktiviert.
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Order no. 2309-85
€ 4500,-